Fütterung von Sauen in Gruppenhaltung
Die Richtlinie 2008/120/EG des Rates schreibt vor, dass Sauen während eines Teils ihrer Trächtigkeit in Gruppen und nicht in Einzelbuchten zu halten sind. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass jedes Tier ausreichend Futter bekommt und Futterrivalität vermieden wird. Diese Bestimmung trat bereits am 1. Januar 2013 in Kraft und stellt bis heute viele Sauenhalter vor neue Herausforderungen.
Besonders bei der Wahl des passenden Fütterungssystems sind viele unsicher.
In Zeiten niedriger Ferkelpreise kommen teure technische Lösungen wie Abruffütterung und ähnliches für viele Betriebe kaum in Frage. Zudem bergen sie das Problem in sich, dass meist nur nacheinander und nicht gleichzeitig gefressen werden kann. Dies widerstrebt dem natürlichen Verhalten und bedeutet Stress für die Tiere.
Stand der Technik sind derzeit meistens Systeme in denen die Tiere gleichzeitig in kurzzeitig abgesperrten Ständen ihr zugeteiltes Futter aufnehmen können. Da dies im Rahmen einer Umbaulösung immer noch mit beträchtlichen Aufwendungen für die Aufstallung verbunden ist, entscheiden sich immer mehr Sauenhalter für die Sattfütterung mit Trocken- oder Breiautomaten.
Es ist das System mit den niedrigsten Investitionskosten und hilft den Tieren ein größeres Futteraufnahmevermögen zu bewahren. Bei Eintritt in die Säugeperiode wird damit die Anfütterungsphase deutlich kürzer, die Laktationsspitze schneller erreicht, und die Laktationsleistung erhöht, weil die Tiere nun auch in der Laktation mehr Futter aufnehmen.
Dabei ist es wesentlich, die Fütterungseinrichtungen im Stall so zu installieren, dass für die Sauen größtmögliche Ruhe erreicht wird. Futterautomaten müssen so aufgestellt werden, dass kein Futterneid aufkommt. Auch muss zwischen Futterplatz und Tränke ein ausreichender Abstand liegen. Nur so stellt sich die gewünschte Trennung zwischen Aktivitäts- und Ruhezonen ein. Das ideale Verhältnis beträgt 10-12 Sauen je Futterautomat.
Kritiker mahnen meist die Gefahr der Verfettung, sowie die höheren Futterkosten der Sattfütterung an. In niederländischen Untersuchungen hatten die Tiere der satt gefütterten Gruppe im Durchschnitt 2,6 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr mehr als in der rationiert gefütterten Gruppe. Das ist mehr als ausreichend um die etwas höheren Futterkosten zu kompensieren. Außerdem sinkt der Arbeitsaufwand. Was die Verfettungsgefahr betrifft, so muss dieser mit einer energiereduzierten Futtermischung entgegengewirkt werden.
Diese sollte mindestens 100g Rohfaser und nur ca. 10 bis 11 Mj. ME enthalten. Das funktioniert nur bei Einsatz entsprechender Strukturträger. Durch ihre Quellwirkung dienen sie als Füllstoff für den Magen und sorgen für eine lang anhaltende Sättigung. Sie tragen aber auch aktiv zur Gesunderhaltung bei. Fermentierbare pflanzliche Strukturstoffe stellen für die im Dickdarm lebenden Milchsäurebakterien eine wichtige Nahrungsquelle dar, da durch deren Aufschluss größtenteils flüchtige Fettsäuren gebildet werden, auf die die Dickdarmbesiedelnden Mikroorganismen angewiesen sind. Durch eine solche Förderung der positiven Darmbewohner wird krankmachenden Keimen die Grundlage entzogen und MMA vorgebeugt.
Als Nebeneffekt dieser Verlagerung der Verdauung vom Dünndarm hin zum Dickdarm ergibt sich eine geringere Ammoniak Emission weil weniger Ammoniak über den Harn ausgeschieden wird. Eine echte Entlastung für das Stallklima mit Einsparung von Lüftungskosten bei gleichzeitiger Stressvermeidung ist die Folge. Beeindruckend ist immer wieder die absolute Ruhe in satt gefütterten Beständen.
Zur Unterstützung von Wohlbefinden und Verdauung ist eine richtige Strukturversorgung also fast genauso wichtig wie ein ausreichendes Nährstoffangebot. Auch bei säugenden Sauen muss auf ausreichend Struktur geachtet werden, wobei hier ca. 45 g Rohfaser je Kg als Minimum gelten. Die gleichen Strukturträger sollten sowohl im Trage- wie auch im Säugefutter verwendet werden, damit keine komplette Umstellung der Verdauung auf eine andere Nährstoffzusammensetzung erfolgen muss. Diese würde nämlich auch eine komplette Umstellung der Mikroflora im Darm bedeuten, die gerade zu diesem sensiblen Zeitpunkt die MMA-Gefahr erhöht.
Für die Sattfütterung kommen als Strukturträger vor allem Trockenschnitzel und Weizengrieskleie in Frage. Für die Weizengrießkleie sprechen dabei folgende Fakten:
* höherer Rohproteingehalt,
* bessere Fermentierbarkeit im Dickdarm,
* deutlich höherer Vitamin B-Gehalt,
* höherer Lysingehalt,
* geringeres Quellrisiko, da die Quellung weniger extrem und dafür schneller ist (bei der Fütterung und nicht danach),
* Aufgrund des besseren Energieverhältnisses besser auch in der Säugephase einsetzbar,
* der günstiger Preis,
* das ganze Jahr über frisch verfügbar,
* die Schmackhaftigkeit.
Trockenschnitzel haben zwar auf den ersten Blick den Vorteil eines niedrigeren Phosphorgehaltes, wodurch sie sich scheinbar besser in Getreidemischungen einpassen. Ihr hoher Calciumgehalt lässt in der Regel aber einen Einsatz von über 15% in der Mischung nicht als sinnvoll erscheinen. Zudem können Trockenschnitzel wegen ihres hohen Gehaltes an schwer verdaubaren Pektinen zu geringerer Futteraufnahme, oft auch Verstopfung führen, und sind wegen ihrer Härte problematisch.
Mittlerweile werden sogar schon Strukturträger aus der Holzindustrie für Futterzwecke eingesetzt. Hier muss jeder Tierhalter für sich entscheiden was er als sinnvoll und tiergerecht erachtet. Bei Gruppenhaltung von Sauen ist die Sattfütterung der rationierten Fütterung überlegen. Bei richtiger Wahl des Strukturträgers wird die Darmtätigkeit angeregt und es werden mehr Verdauungsenzyme produziert.
Es entstehen weniger unerwünschte Stoffwechselprodukte, somit weniger Durchfall und ein besseres Stallklima. Das Aufquellen des Futterbreies erhält das Futteraufnahmevolumen für die nachfolgende Laktation. Weil die Dickdarmbakterien mehr Nahrung erhalten, werden Schaderreger wie z.B. Salmonellen oder Choli unterdrückt. Gleichzeitig wird durch den niedrigeren Ph-Wert im Dünndarm die Proteinverdauung begünstigt. Insgesamt also beste Voraussetzungen für eine ruhige und leistungsfähige Herde.