Hochkarätige Informationsversammlung im LTA :

Der Humus und die Biodiversität in den Böden

Die Ackerbauverwaltung hatte am 24. November zu einer wissenschaftlichen Tagung über den organischen Kohlenstoff sprich Humus im Boden und die Bodenbiologie in die Ackerbauschule eingeladen. Ziel der Veranstaltung war es einerseits einem zahlreich erschienenen Publikum die neuesten Zahlen, Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in punkto Humusgehalte und  Entwicklungen in den luxemburgischen und europäischen Böden vorzustellen, dies vor dem Hintergrund des anstehenden Klimawandels; andererseits die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung über biologische Indikatoren zur Bewertung des Bodenzustandes darzulegen.

                    

Zu diesem Zwecke konnten anerkannte Forscher aus Belgien, Frankreich und Luxemburg verpflichtet werden.

Anschließend an die Begrüßungsrede von Landwirtschaftsminister Fernand Etgen gab Frau Sophie Capus von der Umweltverwaltung erste Einblicke in die Struktur des zukünftigen Bodenschutzgesetzes, welches ein Rechtsinstrument zur Bekämpfung von bodengefährdeten Aktivitäten einerseits und ein Steuerungsinstrument gegen den Verlust und für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit werden soll. Angedacht ist unter anderem die Einbindung der Landwirtschaft in die Ausarbeitung eines zukünftigen nationalen Bodenschutzplans.

Professor Bas van Wesemael und Antoine Stevens von der der Universität Louvain stellten anschließend die europäische und die luxemburgische Karte des im Oberboden gespeicherten organischen Kohlenstoffs vor. Beide Karten wurden 2014 nach dem gleichen Model aufgrund von Bodenanalysen und umweltrelevanten Variablen erstellt. Organische Substanz im Boden besteht etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff und ist ein wichtiges Merkmal der Bodenfruchtbarkeit. Der Umrechnungsfaktor von organischem Kohlenstoff auf Humus liegt bei 1,72. Böden mit einem hohen Gehalt an organischer Substanz können mehr Nährstoffe und Wasser speichern und haben eine bessere Bodenstruktur. Diese befinden sich klimabedingt hierzulande vorwiegend im Ösling oder auf den schweren Tonböden im Osten, im Zentrum und im Südwesten. Im Mittelwert speichert Dauergrünland (107 t/ha) und Wald (108 t/ha) etwa gleichviel Humus aber deutlich mehr als Ackerland (78t/ha) auf 0-30cm. Es gibt aber starke Abweichungen zwischen den Regionen. Unter wachsamer Beobachtung stehen die leichten Ackerstandorte auf dem Luxemburger Sandstein, von denen in etwa die Hälfte niedriger oder gleich 1 % organischer Kohlenstoff ist. Dies ist eine Grenze, die unter Fachleuten als rote Linie in punkto Bodenstabilität und Bodenfruchtbarkeit angesehen wird. Bedauerlicherweise sind aber rund 40 % dieser Flächen auf leichten Sandböden in Zukunft gefährdet in ausgewiesene Wasserschutzgebiete zu fallen und ihre organische Düngung von 170 auf 130 kg Norg/ha heruntergeschraubt zu sehen.

Die detaillierte Humuskarte sowie die pH-Karte und Teile der detaillierten Bodenkarte können seit November 2015 im Agrarteil des Geoportails unter map.geoportail.lu eingesehen werden.

Frau Simone Marx von der Bodenkundeabteilung vervollständigte den Überblick über die luxemburgischen Böden mit thematischen Karten zur Erosionsgefährdung, zur Bodenversauerung (ebenfalls einsehbar im Geoportail) und der Phosphorverfügbarkeit. Letztere konnten dank der vorhandenen Bodenprobenuntersuchungen aus dem Landschaftspflegeprogramm erstellt werden. Hervorgestrichen wurde vor allem die Notwendigkeit eines Umdenkens in punkto Kalkungsintensität im Ösling, besonders in den Fällen in denen der pH-Wert unter 5,0 abgesunken ist.

Weil in Luxemburg die Datenreihen über Kohlenstoff im Boden nicht lange genug in die Vergangenheit zurückreichen um derzeit Trendaussagen zu machen, ging Frau Malorie Rennesson von der Universität Gembloux auf die Tendenzen im benachbarten Belgien und speziell in den Ardennen und der Gaume ein. Beide Regionen sind geologisch, bodenkundlich und klimatisch verwandt mit dem Ösling beziehungsweise dem Gutland. Im Belgien ist der Trend in den Ardennen im Acker wie im Dauergrünland stabil, wohingegen die Ackerböden in der Gaume im Zeitraum 1995-2010 rund 15 % ihres Kohlenstoffs verloren haben um jetzt wieder anzusteigen.

Böden sind der größte terrestrische Speicher für Kohlenstoff und nehmen inzwischen eine zentrale Rolle in der Diskussion um die Speicherung von CO2 und die Eindämmung des Klimawandels ein. Aus Anlass der Klimakonferenz im Paris hat deshalb der französische Landwirtschaftsminister den Vorschlag 4 pour mille gemacht. Rechnerich würde eine jährliche Erhöhung von 4/1000 des Bodenkohlenstoffs ausreichen um sämtliche planetarischen CO2-Emissionen zu absorbieren. Professorin Claire Chenu, eine eminente Bodenkundlerin von der Universität Paris, referierte über die Möglichkeiten, die der Landwirtschaft zur Verfügung stünden um dieses Ziel zu erreichen. Auch wenn sich die Forschung noch nicht endgültig festlegen konnte, erscheinen Dauerbegrünung, Feldfutterbau oder Agroforesterie als mögliche Hebel für zusätzliche CO2 –Speicherung und dauerhafte Erhöhung des Humusgehaltes.

Interessant waren ebenfalls die Ausführungen des französischen Kollegen Antonio Bispo (ADEME) über den Einfluss der Bodenbearbeitung auf die Bodenlebewesen. Aufgrund langjähriger Feldversuche hat sich inzwischen herausgestellt, dass der Pflugverzicht eine Umstellung mehrerer Prozesse im Boden bewirkt. Der Humusgehalt in den oberen 5-15 cm erhöht sich, die Regenwurmpopulation wächst, die Struktur verbessert sich, die Infiltrationskapazität und Wasserspeicherkapazität der Böden erhöht sich, die Erosionsanfälligkeit sinkt. Reduzierte Bodenbearbeitung bzw. Direktsaat führt aber nicht notgedrungen zu einer Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung im Profil. Es kommt zwar in den oberen Zentimetern der Ackerkrume zu einer Erhöhung des Humusgehaltes, im Untergrund aber eher zu einer Umverteilung und einem Rückgang. Reduzierte Bodenbearbeitung hat erwiesenermaßen eine erosionshemmende Wirkung und einen positiven Einfluss auf die Bodenbiologie des Bodens, angeblich aber nicht auf den Gesamtkohlenstoff des Profils. Allerdings sind die Aussagen der Spezialisten zurzeit noch vorsichtig und auch teilweise widersprüchlich. Es gilt in diesem Bereich besonders aufmerksam auf Langzeitversuche zu achten.

Bioindikatoren werden inzwischen als hochinteressante Zusatzparameter neben bereits vorhandenen physikalischen und chemischen Untersuchungen im Boden angesehen um einen erweiterten Blick auf die Bodenqualität und die Bodenaktivität zu werfen. In diesem Zusammenhang wurden in Frankreich bereits vor 10 Jahren erste Forschungsarbeiten in Auftrag gegeben um schlagkräftige aber labortechnisch umsetzbare biologische Indikatoren zu identifizieren. Obwohl noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, schälen sich erste umsetzungsfähige Parameter heraus wie Häufigkeit und Diversität der Regenwürmer und Nematoden, Atmungsaktivität und mikrobielle und pilzartige Diversität über ADN-Extraktion. Sowohl in Frankreich wie auch in Belgien wird zurzeit mit Hochdruck an biologischen Indikatoren geforscht wie ebenfalls die Vorträge von den belgischen Forscherinnen, Caroline Chartin und Inken Krüger, von den Universitäten Louvain und Lüttich zeigten.

Anne Zangerlé (LIST; TU Braunschweig), eine luxemburgische Forscherin auf diesem Gebiet, stellte abschließend eine sehr interessante biologische Bodenstudie aus dem Einzugsgebiet der Attert vor, wo auf unterschiedlichen Standorten die Verteilung und der positiven Einfluss von Regenwürmern auf den Boden in Abhängigkeit von der Bodennutzung untersucht wurde. Erste Ergebnisse lassen erkennen, dass Dauergrünland die beste Bodennutzung ist vor dem Feldfutterbau bzw. Ackerbau im Biolandbau gegenüber dem klassischen Ackerbau.

Abschließend kann man festhalten, dass das Interesse am Boden nicht nur auf Verwaltungs- und Beratungsebene geweckt ist sondern ebenfalls in der Landwirtschaft und darüber hinaus in der Gesellschaft, Umstand den man unter anderem dem Internationalen Jahr des Boden verdanken kann und der hoffentlich auch anhält zum Schutze des wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsfaktors.

Simone Marx, ASTA


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