Agritechnica 2017

Landtechnikbranche blickt hoffnungsvoll in die Zukunft

„Mit 2.803 Ausstellern, 450.000 Besuchern, davon mehr als 100.000 aus dem Ausland, hat die Agritechnica ihre führende Rolle als der weltweite Branchentreffpunkt der Landwirtschaft und der Landtechnik weiter ausgebaut.“ Dies erklärte Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Grandke vom Veranstalter DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) zum Abschluss der Agritechnica am 18. November 2017 in Hannover.

Damit wurde der Besucherhöchststand 2015 wieder erreicht, was das große Interesse der Landwirte an modernster Technik und richtungsweisenden Zukunftskonzepten zeigt. Die Agritechnica 2017 bot hierfür mit ihrem großartigen Informationsangebot eine einzigartige Plattform.

Die Stimmung der Branche war auf der Agritechnica von großer Zuversicht geprägt. Dies schlägt sich auch in einer hohen Investitionsbereitschaft nieder. Wie die Besucherumfrage zeigt, wollen mehr als zwei Drittel der befragten Landwirte, Lohnunternehmer und Maschinenringe in den nächsten beiden Jahren investieren. Dabei stehen Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen im Mittelpunkt.

2 mal Gold und 29 mal Silber für herausragende Neuentwicklungen

Auch in diesem Jahr wurden wieder zahlreiche Innovationen mit dem „Innovation Award“ prämiert. Eine von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) eingesetzte neutrale Expertenkommission hat aus den 320 zugelassenen Neuheiten-Anmeldungen nach strengen Kriterien die Gewinner ermittelt und 2 Gold und 29 Silbermedaillen verteilt.

Eine Goldmedaille erhielt der StalkBuster, eine Gemeinschaftsentwicklung von Kemper und John Deere.  Der StalkBuster ist die erste, in den Mähvorsatz des Feldhäckslers integrierte stoppelzerstörende Technik. Es ist die einzige Lösung im Markt, die alle Maisstoppeln zerschlägt, bevor diese vom Feldhäcksler oder Transportwagen niedergedrückt werden. Da die Überwinterung der Raupen des Maiszünzlers in den Maisstoppeln erfolgt, stellen die rund 30 % für sonst übliche Schlegelmulcher kaum noch erreichbaren, unzerstörten Maisstoppeln ein großes Reservoir für einen erneuten Schädlingsbefall in der Region im Folgejahr dar. In diesen verpuppt sich der Schädling im Frühjahr und die Falter befallen im Anschluss neue Flächen. Die ins Schneidwerk integrierte Mulcheinrichtung hat sowohl einen verhältnismäßig geringen Leistungsbedarf als auch ein relativ geringes Gewicht.

Die zweite Goldmedaille ging an das autonome Dreschwerk für CLAAS Schüttler- und Hybrid-Mähdrescher, CEMOS AUTO THRESHING. Bisher musste der Fahrer eines Mähdreschers selbst über den besten Kompromiss zwischen Dreschtrommelgeschwindigkeit, Dreschspaltweite und Ausdrusch bzw. Kornqualität entscheiden. Diese komplexen Zusammenhänge wurden nicht von jedem Fahrer verstanden, und die manuelle Einstellung wird oft als lästig empfunden. Claas automatisiert nun mit dem Cemos Auto Threshing die Einstellung des Tangential-Dreschwerkes in Schüttler- und Hybrid-Mähdreschern. Je nach Strategievorgabe werden die Dreschtrommeldrehzahl und die Dreschspaltweite automatisch auf die Erntebedingungen optimiert. Das Alleinstellungsmerkmal der gesamten Automatisierung ist die Kommunikation der verschiedenen Automaten untereinander. Der Durchsatzregler arbeitet über ein spezielles Kommunikationsmodul, unter anderem abhängig vom Dreschwerkautomaten sowie von den Automaten der Restkornabscheidung und Reinigung.

Silber gab es unter anderem für folgende Neuheiten:

SwingStop pro von Amazone

Die Verteilgenauigkeit der Pflanzenschutzmittel auf der Zielfläche stellt in der Applikationstechnik den wichtigsten Baustein dar. Je gleichmäßiger das Pflanzenschutzmittel verteilt wird, umso sicherer erfolgt die Anlagerung des genutzten Wirkstoffs in der gewünschten Konzentration. Eine Bewegung des Spritzgestänges in horizontaler Richtung, d. h. parallel zum Boden vor und zurück beeinflusst die Genauigkeit der Verteilung in besonderem Maße. SwingStop pro erreicht über eine Kombination aus aktiver, horizontaler Schwingungstilgung des Spritzgestänges und hochdynamischer Mengenregelung an jeder einzelnen Düse eine bisher nicht mögliche Verteilgenauigkeit bei der Applikation mit der Feldspritze über die gesamte Arbeitsbreite in Längsrichtung. Die Ausbaustufe "pro" sorgt mit neuartigen Ventilen an jeder Düse für eine ständige Anpassung der Ausbringmenge, um die verbleibenden Ungenauigkeiten auszugleichen. Bei SwingStop pro berechnet das System über Sensoren in Echtzeit die Relativgeschwindigkeit jeder einzelnen Düse im Verhältnis zur Fahrgeschwindigkeit der Spritze und regelt so die Ausbringmenge.

XAVER - von AGCO - Fendt

Das Fendt XAVER-System ist die erste kommerzialisierte Anwendung des Schwarmkonzeptes für die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, was ein völlig neues Verfahren darstellt. Anstatt großer Einzelmaschinen übernimmt eine Vielzahl kleiner, autonom fahrender, elektrisch angetriebener Einheiten die Arbeitsaufgabe der Aussaat von Mais. Die autonomen Einheiten werden von einem „Maschinenführer“ befüllt, überwacht und mit einer Sammeltransporteinheit zum Feld gebracht. Bei minimaler Geräuschemission ist die Bewirtschaftung siedlungsnaher Flächen auch in der Nacht ohne Scheinwerfer möglich. Die bewusst kostengünstig konstruierten Schwarmfahrzeuge mit einem geringer Masse von 40 kg erledigen die Arbeit auf dem Feld koordiniert, die Bodenbelastung durch den Fahrverkehr sowie die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch große Maschinen wird minimiert. Die Roboter dokumentieren den Arbeitsprozess in einer Cloud, kommunizieren miteinander und mit dem Maschinenführer.

Sensosafe von Pöttinger

Mit Beginn der Mähsaison leben Rehkitze und andere Wildtiere besonders gefährlich, denn die Erntezeit des ersten Grasaufwuchses ist in den meisten Regionen auch die Setzzeit des Reh- und Niederwildes. Mit dem direkt am Mähwerk installierten Sensorbalken Sensosafe können versteckte Wildtiere nun über optische Infrarotsensoren mit integrierter LED-Beleuchtung während des Mähens erkannt und somit vor dem Mähtod bewahrt werden. Sobald die Infrarotsensoren ein verstecktes Tier erkennen, wird ein Signal an die Mähwerkshydraulik gesendet und das Mähwerk automatisch ausgehoben.

Optimierung der Pflugarbeit durch automatisches GPS-gestütztes Ausheben der Pflugkörper, Kuhn

Die Arbeitsbreite der Pflüge hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Dadurch entsteht am Vorgewende beim Einziehen und Ausheben des Pfluges ein Z-förmiges Pflugbild. Die großen Unebenheiten führen so zu einem sehr unruhigen Vorgewendepflügen und einem unsauberen Unterpflügen von organischen Reststoffen und Ausfallgetreide mit der Folge von Fremdbewuchs in der Folgefrucht. Bei der von Kuhn entwickelten „Section control“, einer elektro-hydraulischen Steuerung in Verbindung mit der hydraulischen Nonstop-Steinsicherung, werden die Pflugkörper GPS-gesteuert durch ein an jedem Körper integriertes System automatisch und einzeln ausgehoben und wieder eingesetzt. Dadurch ergibt sich eine völlig gerade gepflügte Kante am Einzugspunkt. Die gerade Kante erleichtert die folgenden Arbeitsgänge wie Pflügen, Aussaat, Düngen und Spritzen sehr. Außerdem wird so ein komplettes Unterpflügen der Reststoffe der Vorfrucht erreicht.

Häckseln und gleichzeitig die Maisstoppeln mulchen: der StalkBuster von Kemper und John Deere wurde mit Gold prämiert.
Auch das autonome Dreschwerk von CLAAS, CEMOS AUTO THRESCHING war der Expertenkommission eine Goldmedaille wert.

 

Armin Fuchs

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