Die Mehrwertsteuerreform in Luxemburg

Am Dienstag, dem 27. Januar, hatte CONVIS zu einer außerge­wöhnlichen Informationsversammlung nach Mertzig, im Cen­tre Turelbach, eingeladen um die Landwirte und Züchter über den Artikel 58, Paragraphe 1 des TVA-Gesetzes, zu informieren. Diese Änderung betrifft jeden landwirtschaftlichen Betrieb der im „Régime forfaitaire“ ist, also bisher keine Mehrwert-Steuerer­klärung machen musste.

Um die landwirtschaftlichen Betriebe die inzwischen bekannt gewordenen geänderten Rahmenbedingungen und die sich daraus ergebenen Konsequenzen vorzustellen hatte CONVIS, zusammen mit TVA-Spezialisten vom SER und Administration de l’Enregistrement zu einer Informationsversammlung nach Mert­zig im „Centre Turelbach“ eingeladen.

Häufig gestellte Fragen zu der Umänderung des Art. 58 des luxemburgischen TVA-Gesetzes

1. Was bewirkt die Umänderung des Art.58?

Ein landwirtschaftliches Pro­dukt kann ab dem 1.1.2015 nur noch einmal während seinen gesamten Produktionsprozess vom „Régime forfaitaire“ in den „Régime normal“ wechseln. Der Produktionsprozess begrenzt sich dabei nicht auf Luxemburg, sondern ist grenzüberschreitend und länderunabhängig.

1. Verlässt ein Produkt den „Regime forfaitaire“ kann es fortan nur im normalen Mehr­wertsteuerregime gehandelt werden.

2. War dagegen ein Produkt noch nie im „Regime forfai­taire“ und wechselt dorthin, kann der forfaitaire Steuersatz veranschlagt werden, solange das Produkt dieses Régime nicht verlässt. Andernfalls gilt wieder Punkt 1.1.

3. War ein Produkt im „Regime forfaitaire“ und wechselt den Besitzer ohne das „Régime forfaitaire“ zu verlassen (also von Landwirt zu Landwirt) kann es auch weiterhin mit dem forfaitairen Steuersatz veranschlagt werden.

2. Was ist der „Régime forfai­taire“?

Der „Régime forfaitaire“ wurde 1970 für landwirtschaftliche, weinbauliche und forstwirt­schaftliche Betriebe eingeführt. Es handelt sich um ein verein­fachtes Mehrwertsteuerverfah­ren, bei dem der Betrieb keine Mehrwertsteuererklärung erstel­len muss. Die vorgeschriebene Neutralität der Mehrwertsteuer wird pauschal (makroökono­misch) berechnet. Es ist klar, dass diese makroökonomische Neutralität nicht zwingend auf den Einzelbetrieb zu übertragen ist.

3. Was ist der „Régime nor­mal“?

Der „Régime normal“ der Mehr­wertsteuer ist in Luxemburg für alle Unternehmen (außer Landwirtschaft -> Régime forfai­taire) obligatorisch. Im „Régime normal“ müssen periodisch, je nach Umsatz, Mehrwertsteuer­erklärungen erstellt werden. Der Überschuss zwischen Mehrwert­steuereinnahmen und Mehrwert­steuerausgaben muss an die Admi­nistration de l’Enregistrement et des Domaines (AED) abgeführt werden. Ein Überschuss zwi­schen Mehrwertsteuerausgaben und Mehrwertsteuereinnahmen wird dem Unternehmen von der AED erstattet. Somit wird garan­tiert, dass das betroffene Unter­nehmen mehrwertsteuerneutral ist.

4. Führen die unter Punkt 1.2 aufgeführten Gegebenhei­ten dazu, dass der gesamte Betrieb in den „Regime nor­mal“ wechseln muss?

Nein, der „Regime Forfaitaire“ bleibt weiterhin eine Option für landwirtschaftliche Betriebe. In der Landwirtschaft wird es in Zukunft 3 unterschiedliche Mehr­wertsteuer Regime geben:

* Régime forfaitaire.

* Régime dualiste: hier werden lediglich für die Produkte, eine Mehrwertsteuerklärung erstellt, welche wie unter Punkt 1.2 beschrieben, den „Regime forfaitaire“ verlassen haben.

* Régime normal .

5. Worauf muss ich achten wenn ich zum Beispiel ein Rind oder Schwein kaufe?

Der Landwirt aus dem „Régime forfaitaire“ muss den Verkäufer beim Einkauf des Tieres fragen, ob es bereits einmal den „Régime forfaitaire“ verlassen hat.

Wenn Nein, kann der Landwirt das Rind mit dem Pauschalmehr­wertsteuersatz verrechnen.

Wenn Ja, muss der Landwirt für dieses Tier eine Mehrwertsteu­ererklärung erstellen und hat das Recht auf Vorsteuerabzug entsprechend der tatsächlichen Zuordnung der Produktionsko­sten. Das Tier muss im Régime normal (3%) verkauft werden und der Landwirt muss den Mehrwert­steuerüberschuss abtreten.

6. Worauf muss ich achten, wenn ich zum Beispiel ein ausländisches Rind oder Schwein in Luxemburg oder im Ausland kaufe?

Gleiche Bedingungen wie beim Kauf eines Tieres in Luxemburg.

7. Wenn ich ein Rind verkaufe, worauf muss ich als Landwirt im Régime forfaitaire ach­ten?

* War das Rind am 01.01.2015 bereits in meinem Besitz?

Der Landwirt braucht nichts zu beachten und kann den landwirtschaftlichen Pau­schalmehrwertsteuersatz in Rechnung stellen (10 %, ab 1. April 12 %).

* Wurde das Rind direkt von einem anderen Landwirt zugekauft (bei welchem das Tier geboren wurde) und der landwirtschaftliche Mehrwert­steuersatz wurde gezahlt?

Wenn das Rind den „Régime forfaitaire“ noch nie verlassen hat kann der landwirtschaft­liche Pauschalmehrwertsteu­ersatz in Rechnung gestellt werden (10% ab 1. April 2015 12%).

* Wurde das Rind nach dem 01.01.2015 von einem Händ­ler zugekauft?

Der Landwirt muss den Ver­käufer beim Einkauf des Rin­des fragen, ob das Rind bereits den “Regime forfaitaire“ ver­lassen hat oder nicht.

Wenn Nein, kann der Landwirt das Rind mit dem Pauschal­mehrwertsteuersatz verrech­nen. Wenn Ja, Siehe Punkt 5.

8. Wann lohnt es sich das Mehr­wertsteuer-Regime zu wech­seln?

Das ist betriebsabhängig und bedarf einer genauen Betriebs­analyse. Der Service d’Economie Rurale berät in dieser Angele­genheit die Betriebe mit einer sich über 3 Jahre erstreckenden Betriebsanalyse. Ob das „Régime forfaitaire“ vorteilhaft ist oder nicht ist vor allem abhängig vom Umsatz und vom Investitionsvo­lumen des Betriebes.

9. Wie kann ich gegebenfalls das Mehrwertsteuer-Regime meines Betriebes wechseln?

Man kann für den „Régime nor­mal“ optieren anhand eines Antrages bei der AED. Generell gilt, dass dies nicht rückwirkend wirksam ist und dass Anträge für das laufende Jahr bis zum 15. Januar eingereicht werden müs­sen. Wegen der jetzigen Ände­rungen des Art.58 soll dieses Jahr eine Ausnahme ermöglicht sein und Anträge werden noch bis Ende März 2015 entgegen genommen.

Zu beachten gilt, dass der Wech­sel vom „Régime forfaitaire“ zum „Régime normal“ in der Regel unwiderruflich ist!

10. Wie oft muss die Mehrwert­steuererklärung erstellt wer­den?

Umsatz <112.001 e jährliche Mehrwertsteuererklä­rung

Umsatz >112.000 e aber <620.001 e vierteljährliche Mehrwertsteuer­erklärung

Umsatz >620.000 e monatliche Mehrwertsteuerer­klärung

11. Auf welcher Basis wird die Mehrwertsteuererklärung er-stellt?

Bei einem Umsatz <500.000 e kann die Mehrwertsteuerer­klärung entweder auf Basis der Zahlungen oder der Rechnun­gen erstellt werden. Bei einem Umsatz >500.000 e muss sie laut Rechnungen erstellt werden.

12. Wie werden Investitionen aus der Vergangenheit mehr­wertsteuerlich abgerechnet?

* Handelt es sich um bewegli­che Güter?

Die Vorsteuer auf bewe-glichen Investitionsgüter (Schlepper, Mähdrescher,…) aus den vergangenen 5 Jahren kann zu Gunsten des Land­wirts berichtigt werden.

* Handelt es sich um unbeweg­liche Güter?

Die Vorsteuer auf unbewegli­chen Investitionsgüter (Stall, …) aus den vergangenen 10 Jahren kann zu Gunsten des Landwirts berichtigt werden.

13. Ist die rückerstattete Mehr­wertsteuer von Investitionen aus der Vergangenheit ein­kommenssteuerpflichtig?

Diese Frage muss individuell mit der Administration des Contribu­tions directes abgeklärt werden.

14. Unterliegen die Beihilfen auch der Mehrwertsteuer?

* Handelt es sich um eine nicht-produktionsbezogene Beihil­fe?

Die Beihilfe unterliegt nicht der Mehrwertsteuer.

* Handelt es sich um eine pro­duktionsbezogene Beihilfe?

Produktionsbeihilfen resp. Beihilfen, die einen Preisaus­gleich darstellen unterliegen der Mehrwertsteuer mit dem gleichen Mehrwertsteuersatz wie die Einnahme

Zusätzlich zur Abänderung: Circulaire 772 von 5 Dezember 2014 der Direktion des ADE, betreffend den Verkauf von Maschinen.

15. Was muss ich beachten wenn ich eine Maschine verkaufe?

Ab dem 1. Januar 2015 muss der Landwirt auch im „Régime for­faitaire“ die Maschine mit einem Mehrwertsteuersatz von 17% verkaufen. Der Landwirt des Régime forfaitaire hat aber nur Anrecht auf 10% Mehrwertsteuer (resp. 12% ab 1. April 2015) und muss den Überschuss mittels der Mehrwertsteuererklärung oder eines „Titre de recette“ (wenn nicht schon erfasst für die Mehr­wertsteuer) an die AED abfüh­ren.

„Mesure transitoire“ für Tiere, die vor dem 01.01.2015 gekauft wurden.

16. Was ist mit Tieren die schon seit mehreren Jahren in mei­nem Besitz sind?

Alle Produkte, die bereits vor dem 1. Januar 2015 im landwirtschaft­lichen Betrieb waren, unterlie­gen bei der ersten Veräußerung 2015 nicht den Umänderungen des Art.58.

Die Redner des Tages: V.l.n.r. Herr Melina (Enregistrement), Herr Breuer (Enregistrement), Frau Denis (Ministère des finances), Herr Treinen (SER), Herr Conter (SER).
 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 CONVIS-Präsident Louis Boonen während seiner Begrüßunsan­sprache.

 

 

 
Ca. 300 Gäste haben an dieser lehrreichen Informationsversammlung teilgenommen.