Weinbau 2023 - Ein herausfordernder Jahrgang

Mit Eintritt in die Vegetationsruhe im Winter beginnt ein neues Weinjahr. Der Winter 2022 zeigte sich wechselhaft und startete mit einem kalten Dezember, gefolgt von einem relativ warmen Januar und Februar. Hohe Niederschläge und für die Mosel vergleichsweise viel Schnee sorgten für gut gefüllte Bodenwasservorräte.

Gut strukturierte Böden können in dieser Periode viel Wasser aufnehmen und speichern. So nass wie es begonnen hat, so nass geht es auch im Frühling weiter, erst zum Zeitpunkt des Austriebes, der am 30.04.2023 verzeichnet wurde, bleiben die Niederschläge aus. Sehr vereinzelt konnten Spätfrostschäden festgestellt werden, glücklicherweise spielte dieses Thema in diesem Jahr aber keine große Rolle. Mit dem einkehrenden Frühjahr stiegen die Temperaturen und pendelten sich fast über die gesamte Vegetationsperiode relativ konstant zwischen 25°C und 30°C ein.

Durch die im Winter gut durchfeuchteten Böden mussten anstehende Bodenbearbeitungen nach hinten verschoben werden, um Verdichtungen vorzubeugen und den Boden zu schonen. Die frühlingshaften Temperaturen begünstigten die Entwicklung der Reben und sorgten für einen schnellen Austrieb, Austriebsschädlinge, wie der Rhombenspanner, der die Knospen aushöhlt, bekamen keine Gelegenheit Schäden anzurichten. Auffällig in diesem Jahr war der extreme Befall durch Kräuselmilben über die gesamte Mosel. Die Kräuselmilbe wird als Gelegenheitsschädling angesehen, die Faktoren die zu Symptomen in unterschiedlich ausgeprägter Intensität führen sind nicht bekannt. Entgegenwirken kann man abgesehen von Austriebsbehandlungen im zeitigen Frühjahr am besten mit der Förderung und Etablierung natürlicher Antagonisten wie der Raubmilbe.

War der Austrieb verglichen mit dem langjährigen Mittelwert noch ziemlich zeitgerecht, begann die Blüte dagegen am 11. Juni mit einem Vorsprung von rund einer Woche bei insgesamt idealen Blütebedingungen, so dass die Reben innerhalb einer Woche durchblühen konnten. Im Laufe der Vegetationsperiode zeigten sich mit der anhaltend trockenen Witterung große Unterschiede im Wasserhaushalt der einzelnen Weinberge. Anlagen, in denen das Winterwasser gut gespeichert werden konnte, hatten wenig bis keine Probleme. Junganlagen zwischen 2 und 6 Jahren litten dagegen stark unter der Trockenheit, die Winzer mussten in diesen Anlagen für eine Bewässerung sorgen und die jungen Reben teilweise durch das Herausschneiden von Trauben entlasten.

Die anhaltende Hochdruckwetterlage sorgte für ein erhöhtes Oïdiumrisiko, erste Infektionen konnten Ende Juli festgestellt werden, Winzer, die die Infektionen früh entdeckten konnten schnell reagieren und den Echten Mehltau in den Griff bekommen. Jetzt setzten auch die lang erhofften Niederschläge ein, wodurch sich die Bedingungen für Oïdiuminfektionen glücklicherweise verschlechterten. Innerhalb von zwei Wochen fielen am Standort Remich bis zu 120 mm Regen und die feuchte Witterung entwickelte sich zur Herausforderung für die Winzer. Der halbe August blieb unbeständig und feucht, was sich einerseits positiv auf die Entwicklung der Trauben auswirkte aber andererseits auch unerwünschte Effekte in Form von Fäulnis mit sich brachte. Erste Infektionen durch Botrytis konnten bereits Mitte August festgestellt werden.

Neben pilzlichen Schaderregern traten in diesem Jahr auch verschiedene tierische Schädlinge auf. Die insgesamt warme Witterung im Frühjahr begünstigte beispielsweise die Entwicklung der Büffelzikade (Stictocephala bisonia), die 2022 erstmals an der Luxemburgischen Mosel nachgewiesen werden konnte. Um diesen Erstfund zu bestätigen wurde im Juni 2023 ein Monitoring installiert und in den Fallen konnten zwei adulte Exemplare gefangen werden. Außerdem wurden auch an den Reben vermehrt Symptome festgestellt.

Auch für die in dem Jahr 2014 erstmals in Luxemburg aufgetretene Kirschessigfliege (KEF) herrschten gute Bedingungen. Ab Mitte August konnte ein Anstieg der Flugaktivität beobachtet werden und in Weinbergen, mit früh reifenden roten Sorten konnte ab Ende August Eiablage durch die KEF festgestellt werden. Beide Schädlinge werden durch das IVV in Zusammenarbeit mit dem LIST weiterhin beobachtet.

Auf eine herausfordernde Saison folgt für die Winzer ein herausfordernder Herbst. Die Ernte ist in diesem Jahr arbeitsintensiv. Das Lesegut muss sorgfältig selektioniert werden, faules Lesegut wird dabei verworfen und nur gesunde und reife Trauben werden weiterverarbeitet. Für diese Arbeit ist gutes Personal notwendig, in diesem Jahr kamen dazu rund 1000 Saisonarbeitskräfte aus osteuropäischen Nachbarländern zum Einsatz. Viele Weingüter haben schon seit einigen Jahren dieselben Lesehelfer im Einsatz, dadurch haben sie ein geschultes Leseteam, auf das sie sich verlassen können.

Aber auch aus Luxemburg konnten in diesem Jahr Erntehelfer für die Weinlese gewonnen werden. Das Weinbauinstitut hat im Juli gemeinsam mit der ADEM einen Jobday organisiert, bei der Gelegenheit konnten sich Arbeitssuchende direkt bei den Betrieben vorstellen und für 7 von ihnen ging es dann in die Weinlese. Wie zu erwarten früh fiel der Startschuss für die Weinlese 2023 bereits am 04. September. In den Statistiken des Weinbauinstitutes wird als langjähriger Mittelwert für den Lesestart der 22. September angegeben, dieser Wert bezieht sich auf die Jahrgänge 1966-2023 und zeigt deutlich, wie früh in diesem Jahr mit der Lese begonnen wurde. Ein Herauszögern der Weinlese hätte keinen Sinn gehabt, wenn erneut Niederschläge gekommen wären, wäre es im schlimmsten Fall zum Aufplatzen der Beeren gekommen, einem Szenario, dass die Winzer unbedingt vermeiden wollen. Neben der Lese für Federweißen sind es in der Regel Trauben der Rebsorten Auxerrois und Pinot Noir für die Crémantherstellung, mit denen die Lese begonnen wird. Nicht alle Rebsorten reagieren gleich auf die wechselnden Witterungsbedingungen, von der Fäulnis betroffen waren insbesondere Burgundersorten, die generell eine kompakte Traubenstruktur aufweisen. Der viele Niederschlag im Sommer hat diesen Effekt noch gefördert und es kam zu Abquetschungen und Fäulnisnestern. Weinbaubetriebe, die ihr Personal gut geschult haben und den Fokus auf die Selektion von gesunden Trauben legen, konnten in diesem Jahr eine gute Qualität ernten.


Es ist Tradition, dass auch der Landwirtschaftsminister an die Mosel kommt, um an der Weinlese teilzunehmen. Am 27. September kamen zu diesem Anlass Vertreter der Berufsorganisation der unabhängigen Winzer ASBL, der Domaines Vinsmoselle, des luxemburgischen Wein- und Spirituosenverbands des Institut viti-vinicole (IVV) und der Minister für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung Claude Haagen in dem Weinberg „Op der Koeppchen“ in Wormeldange zusammen, um gemeinsam bei bestem Wetter Trauben zu lesen. Der Minister zog bei dieser Gelegenheit eine erste Bilanz der Weinlese und betonte, dass er stolz ist, dass der Jahrgang 2023 trotz der erschwerten Bedingungen vielversprechend ist und die ersten fruchtigen Federweißen bereits in den Kellern liegen. Abschließend lässt sich sagen, dass durch die selektierte Lese eine etwas geringere Erntemenge möglich ist, der Jahrgang aber mit fruchtbetonten Weinen und moderatem Alkoholgehalt überzeugen wird.

 

Artikel: 

Christopher Simon & Mareike Schultz,
Institut viti-vinicole

 Kräuselmilbenbefall (Quelle: IVV).

 Graufäule an Pinot Noir Précoce (Quelle: IVV).

Büffelzikade und Schädigung durch Büffelzikade an Reben (Quelle: LIST, IVV).

 

Claude Haagen, Minister für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung in der Weinlese (Quelle: Ministère de l'Agriculture, de la Viticulture & du Développement rural).