Perspektiven für den Gemüsebau in Luxemburg (1)

Über den Gemüsebau in Luxemburg wird aktuell viel diskutiert und spekuliert:

–   Ist es möglich, in Luxemburg wirtschaftlich und nachhaltig Gemüse zu produzieren?

–   Welche Initiativen und Betriebe existieren bereits?

–   Welche Perspektiven bestehen?

Um auf diese und ähnliche Fragen Antworten zu finden, hat die „Aktionsgruppe Gemüsebau“ von ASTA und LTA in den vergangenen Monaten zu drei Informationsversammlungen unter dem Thema „Perspektiven für den Gemüsebau in Luxemburg“ ins LTA eingeladen.

 

Gleich zu Beginn der ersten Veranstaltung am 20.1.2016 unterstrich Léon Wietor, Direktor der ASTA, die Bedeutung und die politische Unterstützung eines starken regionalen Gemüsebaus. Anschließend gab Andreas Löbke (CO-CONCEPT) interessante Einblicke in die aktuelle Marktlage. Dabei wies er auf notwendige Differenzierung in Sortenspektrum, Verpackung, Zubereitung und Gebindegrößen hin. Die große Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Gemüseabteilung für den Handel wurde ebenso thematisiert wie das heute erforderliche Denken in Wertschöpfungsketten. Als positiv stellte er heraus, dass sich die Gemüseproduktion in den letzten 10 Jahren bereits verdoppelt hat.

Danach gab Luc Hoffmann (LEGULUX) konkrete Einblicke in seinen landwirtschaftlichen Betrieb, der - neben der Rinderhaltung - auch Gemüseanbau betreibt. Seit mittlerweile vier Jahren, produziert er erfolgreich Kartoffeln, Erdbeeren, Spargel, Porree und weitere Gemüsearten, die er mit seinem Hauptabnehmer CAFRUTA abstimmt. Dabei weiß Luc Hoffmann aus Erfahrung, dass Gemüsebau ein sehr arbeitsintensives Unterfangen ist und dass auch bei regional produziertem Gemüse die Qualität an erster Stelle steht.

Abschließend gab der Direktor des Lycée Technique Agricole, Tom Delles, einen Überblick über die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten im Gemüsebau. Aktuell ist ein Abschluss in diesem Fachbereich auf CCP-, DAP- und DT-Niveau möglich, wobei die im September 2016 anlaufende Technikerausbildung „Entrepreneur maraicher“ insbesonders zukünftige Betriebsleiter und Vorarbeiter anspricht.

Die zweite Versammlung am 24.2.2016 wusste durch drei praxisrelevante Vorträge zu überzeugen, welche konkrete Handlungspisten für angehende und auch bereits etablierte Gemüseproduzenten aufzeigten:

Zu Beginn stellte Jean-François Depienne (BIO-Lorraine) seinen wahrlich ungewöhnlichen Weg vom Tierarzt zum erfolgreichen Gemüsebauern dar. Nachdem er mehrere Jahre als Tierarzt in der Gegend um Arlon, sowie im westlichen Luxemburg in den Ställen anderer Landwirte unterwegs war, wollte er seinen eigenen Hof. Aufgrund der begrenzt verfügbaren Flächen auf dem elterlichen Betrieb und negativ geprägt vom permanenten Medikamenteneinsatz im Tierarztberuf, war der Biogemüseanbau als Hauptproduktionszweig für Jean-François Depienne eine logische Konsequenz. Auf den wechselnden Böden im Nordwesten von Arlon bewirtschaftet er mittlerweile knapp 50 ha Land. Neben 35 ha Marktfrüchten (Getreide, Raps, Sonnenblumen) werden 4 ha Speisekartoffeln und 10 ha Feldgemüse angebaut. Trotz ausgeprägter Sommertrockenheit und vergleichsweise strenger Winter versucht Jean-François während des ganzen Jahres eine gemischte Palette an frischem Gemüse im Angebot zu haben. Das Rückgrat der Produktion besteht aus unterschiedlichen Kohlarten, Möhren, Zwiebeln und, wie könnte es in Belgien anders sein, Chicorée, weitere Gemüsearten werden in geringerem Umfang angebaut (Tab. 1). In den Folientunnels von BIO-Lorraine stehen auf 0,4 ha vornehmlich Tomaten, Gurken, Melonen und Auberginen.

Ein wichtiger Aspekt im Bio-Gemüseanbau ist die Unkrautbekämpfung. Neben Striegel und Fronthacke wird auch die thermische Unkrautbekämpfung per Abflammgerät praktiziert. Trotz aller Mechanisierung kommt der Biogemüsebauer an der Handhacke nicht vorbei: Jean-François Depienne veranschlagt dazu 250 AKh/ha und Jahr.

Jean-François Depienne ist passionierter Biobauer, verkennt jedoch auch die Regeln des Marktes nicht. Die Auswahl angebauter Kulturen und Sorten wird ständig angepasst, und dies hauptsächlich unter Berücksichtigung folgender drei Aspekte:

–   Gesundheit und Robustheit der angebauten Kulturen.

–   Verfügbarer Markt und Konsumentenverhalten /-wünsche.

–   Rentabilität der Produktion.

BIO-Lorraine hat sich mittlerweile einen Namen als Gemüseproduzent im Umland von Arlon gemacht. Mit etwa zwei Drittel des Umsatzes stellt die Gemüseproduktion denn auch den Hauptbetriebszweig dar. Mehr als die Hälfte des Gemüses wird direkt an den Endkonsumenten vermarktet. Dieser Aspekt ist dem Betriebsleiter sehr wichtig – erlaubt das Feedback und die Nähe zum Kunden ihm doch ständig, seine Produktion an die Wünsche des Verbrauchers anzupassen.

Auch in der Grenzregion Belgiens zu Luxemburg stellen die ansteigenden Landpreise ein Problem für die aktiven Bauern dar. Via die Kooperative „Terre-en-Vue“ gibt Jean-François Depienne Kunden und interessierten Bürgern die Möglichkeit sich über Anteile an „seinem“ Landkauf und Betrieb zu beteiligen – ein Modell auch für (Berufseinsteiger in) Luxemburg?

Als Gründungsmitglied und aktiver Partner hat Pit Reichert, ehemaliger Schüler des LTA, im Anschluss einen Einblick in die Entstehung, die aktuelle Produktion und die Perspektiven der Kooperative TERRA-Coop gegeben. TERRA-Coop basiert auf den Prinzipien von CSA – Community Supported Agriculture (übersetzt: Von einer Gemeinschaft unterstützte Landwirtschaft). Dabei stellen die Mitglieder der Kooperative (dem Bauern) ihre direkte (finanzielle) Unterstützung zur Verfügung, diese wiederum tut ihr Bestes um die Mitglieder mit Nahrungsmittel in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen.

Fortsetzung folgt!

 

Gérard Conter, LTA