Perspektiven für den Gemüsebau in Luxemburg (2)

Über den Gemüsebau in Luxemburg wird aktuell viel diskutiert und spekuliert:

•     Ist es möglich, in Luxemburg wirtschaftlich und nachhaltig Gemüse zu produzieren?

•     Welche Initiativen und Betriebe existieren bereits?

•     Welche Perspektiven bestehen?

Um auf diese und ähnliche Fragen Antworten zu finden, hat die „Aktionsgruppe Gemüsebau“ von ASTA und LTA in den vergangenen Monaten zu drei Informationsversammlungen unter dem Thema „Perspektiven für den Gemüsebau in Luxemburg“ ins LTA eingeladen. In einem ersten Artikel (ALCOVIT Nr. 464) hatten wir über die aktuelle Marktlage sowie die Ausbildungsmöglichkeiten im hiesigen Gemüsebau berichtet. Daneben wurden die Betriebe zweier erfolgreichen Gemüsebauern vorgestellt. In der aktuellen Schrift stellen wir weitere Gemüseproduktionsinitiativen vor und gehen auf die administrative Vorgehensweise bei der Betriebsneugründung sowie evtl. Subventionsmöglichkeiten im Gemüsebau ein.

Als Gründungsmitglied und aktiver Partner hat Pit Reichert, ehemaliger Schüler des LTA, im Rahmen der zweiten Veranstaltung am 24.2.2016 einen Einblick in die Entstehung, die aktuelle Produktion und die Perspektiven der Kooperative TERRA-Coop gegeben. TERRA-Coop basiert auf den Prinzipien von CSA – Community Supported Agriculture (übersetzt: Von einer Gemeinschaft unterstützte Landwirtschaft). Dabei stellen die Mitglieder der Kooperative (dem Bauern) ihre direkte (finanzielle) Unterstützung zur Verfügung, diese wiederum tut ihr Bestes um die Mitglieder mit Nahrungsmittel in ausreichender Menge und Qualität zu versorgen.

Bei TERRA-Coop funktioniert dies über ein System von „Gemüsekörben“: Nach Einbezahlen eines Jahresbeitrages zu Beginn der Saison werden die Mitglieder (knapp 200) jede Woche mit einem Gemüsekorb versorgt. Diese Art der Zusammenarbeit bietet Vorteile für alle Beteiligten:

–   Durch die Mitgliedsbeiträge steht die Finanzierung von TERRA-Coop weitestgehend schon zum Saisonstart.

–   Die Vermarktung der Produktion ist bereits zu Beginn der Saison abgesichert, so dass diese zielführend geplant werden kann.

–   Die Mitglieder haben die Sicherheit wöchentlich mit Gemüse und Obst aus lokaler und nachhaltiger Produktion versorgt zu werden.

Über die Gemüsekörbe hinaus bietet TERRA-Coop seinen Mitgliedern die Möglichkeit sich weiter an „ihrem“ Betrieb zu beteiligen: durch regelmäßig organisierte Betriebsführungen, pädagogische Aktivitäten, Workshops und die Möglichkeit der freiwilligen Mitarbeit entsteht eine lebendige Gemeinschaft mit Bezug zum Betrieb.

Basis der Produktion ist eine Gemüse- und Obstfläche von 1,5 ha im Eicherfeld, direkt an der Stadt Luxemburg. Seit Anfang des Jahres 2014 arbeitet TERRA-Coop hier nach den Prinzipien der Permakultur. Dabei soll vom Menschen Geschaffenes so mit der Natur verknüpft werden, dass diese Verbindung permanent und nachhaltig möglich ist. Es ist denn auch wahrscheinlich aus dieser Überzeugung heraus, dass TERRA-Coop bewusst auf sämtliche Beihilfen – und damit auch auf evtl. Auflagen/Vorgaben einer EU-Agrarpolitik verzichtet.

Danach informierte Gérard Conter (LTA) über die administrative Vorgehensweise bei der Betriebsneugründung sowie evtl. Subventionsmöglichkeiten im Gemüsebau. Vor dem Agrargesetz besteht kein Unterschied zwischen Landwirt, Winzer oder Gärtner, …. Zur Betriebsgründung ist neben einer Mindestfläche (0,25 ha gartenbauliche Fläche) auch eine bestimmte wirtschaftliche Betriebsgröße erforderlich, welche bislang als Standarddeckungsbeitrag und künftig als Standardoutput (SO, entspricht etwa dem Umsatz) ausgedrückt wird. Für den Nebenerwerb ist ein Mindest-SO von 25.000 Ä erforderlich, die Schwelle zum Haupterwerb liegt bei 75.000 Ä. Der Antrag läuft über den „Centre commun de la Sécurité sociale“ sowie den „Service d’économie rurale“.

Nach erfolgreicher Betriebsgründung können Gärtner (nach Beantragung via Flächenantrag) von sämtlichen landwirtschaftlichen Prämien (mit Ausnahme der Ausgleichszulage) profitieren.

Die Beihilfen für Junglandwirte können von hauptberuflichen Landwirten/Gärtnern im Alter von 23-40 Jahre beantragt werden und umfassen:

–   Erstinstallierungsbeihilfe (70.000 Ä, in Verbindung mit Betriebsentwicklungskonzept),

–   Zusatzinvestitionsbeihilfe           
(+ 15%),

–   Rückerstattung der Einschreibegebühren,

     Steuerlicher Freibetrag.

Alle gartenbaulichen Investitionen (außer dem Standardtraktor) sind investitionszuschussberechtigt. Die Fördersätze im neuen Agrargesetz liegen bei 40% für Gebäude + Einrichtungen bzw. bei 20% für Maschinen (+ evtl. Junglandwirtezuschuss). Im Nebenerwerb liegen die Fördersätze bei 25% und 15% respektive für Gebäude + Einrichtungen und für Maschinen. Neu im Vergleich zum alten Agrargesetz ist ein maximal förderfähiger Investitionsbetrag von 500.000 Ä, welcher in Abhängigkeit der Betriebsgröße bis auf max. 1.700.000 Ä angehoben werden kann. Für Direktvermarkter ist eine zusätzliche Multiplikation der Inves-titionsobergrenze um einen Faktor 1,5 vorgesehen. Neu ist auch ein vierteljähriges Ausschreibeverfahren (Critères de sélection), welches alle Anträge auf Investitionsbeihilfen passieren müssen. Um das zur Verfügung stehende Budget einzuhalten und die verfügbaren Gelder gerecht und möglichst effizient zu verteilen werden alle Projekte nach einem Punktesystem bewertet und klassiert, wobei die besten Projekte vorrangig bezuschusst werden. Investitionen in Produktionen u.a.:

–   mit geringem Versorgungsgrad,

–   der Verarbeitung und Direktvermarktung ,

–   im Rahmen von Qualitäts- und Regionalprogrammen,

–   der Biolandwirtschaft, werden dabei besonders günstig bewertet – demnach ein Bewertungssys-tem, welches bestimmt im Sinne des Gemüsebaus ist.

Zum Abschluss der Informationsveranstaltungsreihe hatte die „Aktionsgruppe Gemüsebau“ zusammen mit der Fédération horticole am 16.03.2016 zu einer dritten Versammlung zum Thema „Sachkundennachweis im Pflanzenschutz / Gemüsebau“ eingeladen. Der ASTA-Experte Jacques Engel referierte dabei zu der nationalen und europäischen Gesetzgebung in punkto Pflanzenschutz sowie zu der notwendigen praktischen Ausbildung zum Sachkundennachweis im Pflanzenschutz („Sprëtzpass“). Alle drei Veranstaltungen waren gut besucht. Das Interesse sowohl erfahrener Gemüseproduzenten als auch potentieller Neueinsteiger, die Anwesenheit aber auch von Akteuren aus der Weiterverarbeitung und der Vermarktung sowie die angeregten Diskussionen im Anschluss an die Vorträge zeugten von der Dynamik im hiesigen Gemüseanbau – demnach kann man zuversichtlich in eine spannende Zukunft blicken…

Gérard Conter, LTA